Smart Grid für Elektrische Weichenheizungsanlagen (InfraGrid)

Elektrische Weichenheizungen verbrauchen im Netz der Deutschen Bahn AG im Winter so viel Energie wie eine Großstadt. Über das ganze Jahr gerechnet entspricht der durchschnittliche Bedarf an elektrischer Leistung einer einzelnen Weichenheizung dem Verbrauch eines Zweifamilienhauses (ca. 10.000 KWh). Da sie nur bei niedrigen Temperaturen betrieben wird, ist der Verbrauch im Winter entsprechend höher.
Motivation
Elektrische Weichenheizungen verbrauchen im Netz der Deutschen Bahn AG im Winter so viel Energie wie eine Großstadt. Über das ganze Jahr gerechnet, entspricht der durchschnittliche Bedarf an elektrischer Leistung einer einzelnen Weichenheizung dem Verbrauch eines Zweifamilienhauses (ca. 10.000 KWh). Da sie nur bei niedrigen Temperaturen betrieben wird, ist der Verbrauch im Winter entsprechend höher. Stand der Technik ist die lokal witterungsabhängige Bedienung der Einzelanlagen. Hierbei werden die Weichen in Abhängigkeit von vor Ort gemessenen Umweltparametern beheizt. Die Ermittlung der Umweltparameter ist durch die Anzahl und Art der verwendeten Fühler lokal begrenzt. Durch eine Integration von Wettervorhersagen in Verbindung mit der Betrachtung eines Anlagenverbunds statt einer Einzelanlage sind ein effizienteres Management der Energieversorgung und eine damit verbundene Reduzierung der Kosten möglich. Außerdem bieten die Wettervorhersagen die Möglichkeit, die betriebliche Verfügbarkeit zu erhöhen.
Aktivitäten
Die Arbeit kann im Wesentlichen in drei Bereiche aufgeteilt werden:
- Die Erstellung der Lastprognosen durch Wettervorhersagen und Kommunikation mit den Herstellern der Weichenheizungen
- Mitteilung von Lastprognosen und Energiespitzen zu bzw. von Energielieferanten
- Interne Erstellung und Verarbeitung aller Informationen
Resultate
Die größten Potentiale im Hinblick auf einen universellen Wetterdienst bietet das von der World Metereological Organization standardisierten GRIB (engl. GRIdded Binary) Format. Zunächst wurde die Verarbeitung der Rohdaten vom Deutschen Wetterdienst im GRIB-Format mitsamt Interpolation auf eine beliebige Koordinate implementiert und konnte als Grundlagen für den zu entwickelten Wetterdienst verwendet werden. Die genauen Wetterdaten, Parameter und deren zeitliche Auflösung wurden in Absprache mit den Weichenheizungsherstellern festgelegt. Der entwickelte Prototyp wurde daraufhin weiterentwickelt und angepasst. Darauf aufbauend wurde ein Wetterdienst umgesetzt und automatisiert. Die Wetterdaten werden heruntergeladen, verarbeitet und in einer Datenbank abgespeichert. Daraus sind sie über einen Webservice abrufbar, der über eine im Rahmen des Projektes definierte und dokumentierte Schnittstelle verfügt. Dieser wurde ebenfalls umgesetzt und ermöglicht den Projektbeteiligten den Abruf von Vorhersagendaten sowie historischen Wetterdaten in Kombination mit historischen Anlagendaten. Die historischen Anlagendaten stehen als Diagnosedaten aus der Diagnoseplattform der DB Netz AG zur Verfügung. Die Verarbeitung der Wetterdaten wurde im Laufe des Projektes auf das neue Standardformat für Wettervorhersagen der WMO, GRIB2, umgestellt.
Die Daten der Diagnoseplattform wurden darüber hinaus als Ausgangspunkt für eine Analyse des historischen Verhaltens der Anlagen genutzt, um daraus ein Modell für die Lastprognose zu entwickeln. Die wichtigste Erkenntnis dabei ist, dass die Einzelanlagen sich sehr individuell verhalten und somit für eine Prognose das historische Verhalten der Anlage selbst bekannt sein muss. Das Verhalten einer Einzelanlage wiederum ist reproduzierbar, wenn man für eine Anlage unterschiedliche Zeiträume betrachtet.
Im Rahmen einer Referenzimplementierung wurde die Grundlage für das neue Arbeitspaket „Erhöhung der betrieblichen Verfügbarkeit“ geschaffen. In enger Absprache mit den Weichenheizungsherstellern wurden zunächst Szenarien identifiziert, die zu einer Weichenvereisung führen. Diese wurden im Anschluss in einen Entscheidungsbaum überführt.
Die Analyse der Wettervorhersagen erlaubt es nun, ein Eintreffen dieser Szenarien zu prognostizieren und Einschaltzeitpunkte zum präventiven Heizen automatisiert zu bestimmen, so dass auf die bisher übliche manuelle Bedienung verzichtet werden kann.
Um die verschiedenen Arbeitspakete an einer zentralen Stelle darzustellen, wurde eine Visualisierung entwickelt. Diese ermöglicht den Nutzern die Betrachtung der deutschlandweit vom Wetterservice bereitgestellten Wetterdaten sowie bezogen auf die Betriebsstellen der DB Netz AG. Für Betriebsstellen, an denen historische Daten aus dem Diagnosesystem vorliegen, kann der Nutzer das historische Verhalten der Einzelanlagen unter bestimmten klimatischen Bedingungen betrachten. Darüber hinaus werden die berechneten Zeitpunkte, an denen ein Vorheizen der Anlagen auf Grundlage der Szenarien-Analyse sinnvoll ist, angezeigt.
Unter dem Gesichtspunkt der Energieverbrauchsoptimierung wurde ein neuer Betriebsmodus für Weichenheizungen entwickelt. Der Betriebsmodus „OFF_CONDITIONAL“ schaltet die Anlage aus, wenn trotz niedriger Temperaturen kein Niederschlag zu erwarten ist. Der Betriebsmodus wurde in die neue Fassung der technischen Unterlage (TU) der DB Netz AG übernommen und wird somit zukünftig für alle Neuanlagen vorausgesetzt. Für den neuen Betriebsmodus ist eine exakte Niederschlagsvorhersage notwendig. Um die bestehende Vorhersage zu optimieren, wurde die Einbindung von Radardaten umgesetzt. Diese werden von einem externen Partner bezogen und bieten eine präzise, deutschlandweite Vorhersage des Niederschlags für einen Zeithorizont von 2 Stunden bei einer Auflösung von 5 Minuten.
Als weiteres Ergebnis wurde recherchiert, welche Preiskomponenten beim Stromverbrauch von Weichenheizungen in verschiedenen Strompreismodellen zu Buche schlagen. Darauf aufbauend wurde ein einfaches Tool entwickelt, das auf Basis der eingegebenen Lastgänge einer Weichenheizungsanlage die Zusammensetzung des Strompreises darstellt und berechnet.