Einsatz von Photogrammetrie und terrestrischem Laserscanning zur Vermessung von oberflächlichen Verwitterungsschäden an Fassadenbaustoffen - Mainzer Rathaus

Abgeschlossen
Testfläche am Rathaus mit Visualisierung der Fassadenplattendeformationen in einer Fotographie i3mainz, CC BY SA 4.0

In den zurückliegenden Jahren kann auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit dem Institut für Steinkonservierung e.V. (IfS) zurückgeblickt werden. Nachdem in der vergangenen Zeit einige Pilotprojekte zur Untersuchung der Verwendbarkeit aktueller 3D-Messtechnik zu Zwecken des Monitorings historischer Steinoberflächen betrachtet wurden, erfolgte im Jahr 2017 im Rahmen der Sanierung des Mainzer Rathauses eine Untersuchung zur Detektion von deformierten Steinoberflächen.

Motivation

An Fassaden aus Naturstein, Ziegelstein, Putz oder Beton ist die Vermessung von Umfang und Ausmaß oberflächlicher Schäden - wie Rückwitterungen, Abplatzungen, Aufwölbungen oder Verbiegungen - wichtig im Hinblick auf die Festlegung von Restaurierungsmaßnahmen oder die Beurteilung der Verkehrssicherheit. Gängige Praxis ist hier die regelmäßige Inspektion von einem Hubsteiger oder Gerüst aus. Das Mainzer Rathaus, ein 1973 nach Plänen von Arne Jacobsen fertiggestelltes Bauwerk, hat eine bis zu 30 m hohe vorgehängte Fassade aus norwegischen Porsgrunner Marmor. Durch Einwirkung von Temperatur und Feuchte weisen viele der ca. 55x75 cm großen und nur ca. 3 cm dicken Marmorplatten eine mit dem Alter zunehmende Verbiegung auf. Diese Verbiegungen belasten die Befestigungsanker und unter ungünstigen Umständen führt dies zu einem Abbrechen der Platten von der Fassade. Zur Wahrung der Verkehrssicherheit gibt es bislang regelmäßige Inspektionen und Wartungsarbeiten vom Hubsteiger aus.

Aktivitäten

Als Alternative zur Sichtprüfung mittels Hubsteiger bieten sich moderne kontaktlose 3D-Messsysteme an. Dazu gehören die durch Unmanned Aerial Vehicle (UAV) gestützte Photogrammetrie und das Terrestrische Laserscanning (TLS). Da beide Verfahren unterschiedliche Ansätze zur Erzeugung von 3D-Informationen aufweisen, unterliegen sie unterschiedlichen Charakteristiken, die während der Anwendung des jeweiligen Verfahrens berücksichtigt werden müssen. Dies wird anhand des Fassadenbeispiels durch einen methodischen Vergleich beider Verfahren dargestellt. Beim ersten Verfahren wird ein UAV als Sensorplattform für eine digitale Fotokamera genutzt. Vom Objekt wird ein überlappender Bildverband aufgenommen, der die Grundlage für eine 3D-Rekonstruktion mit der Auswertetechnik „Structure from Motion“ (SfM) bietet. Das Ergebnis der Auswertung ist eine referenzierte 3D-Punktwolke der Fassadenoberfläche. Die Aufnahme der Fassade mittels TLS wurde durch zwei Standpunkte realisiert, wobei das Ergebnis ebenfalls eine referenzierte 3D-Punktwolke der Fassadenoberfläche darstellt. Bei beiden Techniken wurde die Referenzierung der 3D-Daten durch eigenständige tachymetrische Messungen umgesetzt, die zusätzlich auch zur Kontrolle der Messdaten Anwendung finden. Daraus resultieren zwei Messungen mit unterschiedlichen Verfahren der gleichen Problemstellung, die im identischen Koordinatensystem vorliegen und somit untereinander vergleichbar sind. Ziel ist es entsprechende Deformationen der einzelnen Marmorplatten zu detektieren, wobei dies mit beiden Verfahren möglich ist.

Resultate

Die Qualität der 3D-Punktwolke ist im Fall der TLS-Technik wesentlich besser, da hier die 3D-Koordinaten direkt auf der Objektoberfläche gemessen und nicht wie beim alternativen SfM-Verfahren rekonstruiert werden. Dies führt unter anderem dazu, dass die Streuung in einigen Bereichen der Punktwolke sehr groß ist. Als Ursache hierfür stellte sich eine ungünstige Anordnung der Kamerastandpunkte heraus. Auch treten globale Deformationen beim SfM-Verfahren auf, welche die Interpretation der Ergebnisse verfälschen können. Daher muss beim zukünftigen Einsatz der SfM-Technik an solchen Objekten und Problemstellungen eine Bild- und Flugplanung basierend auf zuvor erstellte Simulationen durchgeführt werden. Diese zuvor definierte Planung muss dann in der Örtlichkeit vom UAV beispielsweise mit Hilfe von GPS umgesetzt werden.