Vom 15. bis 18. September 2025 fand in Gent und Brüssel die internationale Konferenz Bytes and Bygones – Digital and Computational Analyses of Ancient Cultures statt. Timo Homburg, Corvin Ziegeler und Lisa Wilhelmi stellten dort ihren Ansatz vor, um die bisher im Unicode-Standard fehlenden Varianten und zusammengesetzten Formen von Keilschriftzeichen systematisch zu erfassen.

Keilschriftzeichen wurden bereits vor einiger Zeit in den Unicode-Standard aufgenommen, decken jedoch nicht vollständig die Anzahl der in der wissenschaftlichen Literatur belegten Zeichenvarianten ab. Während viele Zeichen eindeutig und daher bereits mit einem eigenen Unicode-Codepunkt versehen sind, fehlen zahlreiche Allographen, also Zeichen, die dieselbe Funktion in einem Schriftsystem haben und Komposita, also zusammengesetzte Zeichen. Bisher werden diese Varianten häufig im privaten Unicode-Bereich kodiert, was zu Inkompatibilitäten zwischen verschiedenen Schriftarten führt.

Das vorgestellte Konzept schlägt vor, fehlende Zeichen als Kombinationen aus bestehenden Unicode-Codepunkten und Zeichenmodifikatoren zu definieren – ähnlich den Mechanismen, die bei Emoji-Schriftarten zum Einsatz kommen. Auf diese Weise könnten über 600 bislang nicht abgedeckte Keilschriftzeichen unmittelbar dargestellt und künftige Varianten flexibel ergänzt werden.

Das Team präsentierte eine Übersicht über die bislang fehlenden Zeichen, technische Details zur Implementierung der Modifikatoren sowie eine funktionsfähige Schriftart, die als frei zugänglicher Prototyp online verfügbar ist. Der Vorschlag zielt darauf ab, eine breitere Diskussion über die Aufnahme solcher Modifikatoren in den Unicode-Standard anzustoßen und perspektivisch einen formellen Unicode-Erweiterungsvorschlag zu entwickeln.