Die hochpräzise 3D-Datenerfassung und -prozessierung der ARS Sammlung im RGZM, rund 325 Objekte, ist abgeschlossen. Sie wurde mit dem Streifenlichtprojektionsscanner ATOS TripleScan der Firma GOM in den Laboren des i3mainz durchgeführt. Um die 3D-Modelle mit einer realistischen Oberfläche zu versehen, wurden die Originale im sogenannten „
structure from motion“-Verfahren von allen Seite mit der Systemkamera Nikon D800 fotografiert. Nach der Prozessierung, also der Generierung der 3D-Modelle und der anschließenden Verbindung des 3D-Modells und der Fotos miteinander, steht nun für jedes Objekt ein farbechtes texturiertes 3D-Modell für weitere Analysen zur Verfügung.
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Während der 3D-Aufnahme und den darauf folgenden Prozessierungsschritten entstehen technische Metadaten, welche dem Nutzer wichtige Informationen über Entstehung und Qualität der Daten liefern. Projektübergreifend erarbeitet derzeit ein Team des i3mainz und RGZM ein Metadatenschema zur Beschreibung des technischen Vorgangs bei der Erstellung der 3D-Modelle.
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Für die digitale Darstellung und Bearbeitung der texturierten 3D-Modelle fiel die Wahl auf das open-source Framwork
3DHOP. Wegen der hohen Auflösung der Objekte und der damit verbundenen Dateigrößen bietet es sich an, mit dem
NEXUS-Datenformat zu arbeiten, welches die Originaldateien in mehreren Auflösungen speichert. Dem Betrachter wird automatisch die zum aktuellen Ausschnitt passende Auflösung bereitgestellt. Der 3D-Viewer wird unter Verwendung von Webtechnologien wie HTML5 und WebGL weiterentwickelt. Eine Funktion, welche dem Nutzer das interaktive Markieren der Applike im 3D-Modell erlaubt, ist bereits implementiert. Die wissenschaftliche Beschreibung und Interpretation der Objekte durch die Archäologen erfolgt ebenfalls in diesem Schritt.
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Ein geometrischer Vergleichsprozess soll helfen, archäologische Fragen, die vom Grad der Ähnlichkeit zweier Appliken abhängen, zu beantworten. Zunächst wird der zu vergleichende Bereich der Applike digital ausgeschnitten, um seine Geometrie zu bestimmen. Denn beim Herstellungsprozess wurde die Geometrie der Appliken durch das Aufbringen auf das jeweilige Gefäß unterschiedlich verformt. Das 3D Modell wird durch eine Projektion in eine 2.5D Darstellung transformiert. Nach Anwendung der Projektion sind Resteinflüsse der Verformung vorhanden, die bei der Bewertung des Ergebnisses in der archäologischen Ähnlichkeitsanalyse zu berücksichtigt sind. Für die weitere Verarbeitung werden die Appliken als 2,5D Bilder gespeichert.
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Für den geometrischen Vergleich zweier Appliken werden Näherungswerte für die Abweichungen zwischen den beiden 2,5D Bildern bestimmt. Unter Nutzung eines iterativen Bildvergleichsverfahrens wird die geometrische Beziehung der Vergleichskandidaten ermittelt. Auf dieser Grundlage werden kolorierte Differenzbilder und grafische Darstellungen von lokalen Verschiebungen erstellt. Diese quantitativen und qualitativen Ergebnisse sollen Archäologen bei ihren Interpretationen von möglichen Ähnlichkeiten und daraus folgend, etwa bei der Zuweisung von Artefakten zu Werkstätten helfen.
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Die archäologischen Beobachtungen und Interpretationen werden in einer semantischen Struktur, der sogenannten ARS3DOnto zusammengestellt. Die Ontologie bietet den notwendigen Rahmen, um Meta-, Para- und Herkunftsinformationen der aufgenommenen und verarbeiteten 2,5D- und 3D-Daten der African Red Slipware und ihrer digitalisierten und annotierten Anwendungen zu dokumentieren. ARS3DOnto ist soweit möglich an die Konzepte von
CIDOC-CRM und den Erweiterungen CRMDig oder CRMSci angelehnt. Neben denen des CIDOC-CRM stellt die Ontologie verschiedene Axiome dar, die für die Definition von ARS und seiner Merkmale erforderlich sind. Diese Axiome sind mit den von CRMs definierten Axiomen entweder durch Klassen, Unterklassen oder andere Beziehungen verbunden. Die derart semantisch strukturierten Inhalte werden in einem RDF-Triplestore gespeichert.
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